08. Banker: Episode 1 : Die Büchse der Pandora - Seite 2
Sie gibt ihr Instrument der Macht nie aus der Hand .
Frau Lottemann war jetzt sein Kompass geworden , seine Obersturmbannführerin , die aber nie selber schoss , nie direkt schuldig wurde und er dürfte auch immer viel mehr als nur einen Goldzahn behalten .
Am Ende bohrte sie ihm ein Loch in den Rücken , in dem sie jeden Morgen den Schlüssel herumdrehen konnte .
Er war der „Dressierte Mann „ geworden .
Esther Vilar wäre von diesem Prachtexemplar begeistert .
Ein Hengst der wie an der Schnur gezogen alle verlangten Pirouetten und Traversalen vollzog und hinterher wiehernd vor Glück in den Stall galoppierte .
Er dürfte auch manchmal in einen anderen Stall , wenn die Dressur perfekt gelaufen war .
Immer wieder gelang es Frau Lottemann , an seinem Ego , an dem grandiosen „Ich“ zu kratzen , und durch ein Wechselspiel von Häme , Hohn , Demütigung und Belohnung Neid und Missgunst bis zum Hass zu schüren .
Mehr Peitsche als Zuckerbrot .
Nur von Liebe war nie etwas zu spüren .
Fast nie hatte er etwas richtig gemacht , aber er wollte doch nur ihre Bewunderung .
Diese Bewunderung zu erreichen , sein „grandioses –Ich „ endlich befriedigt zu sehen , ließ ihn skrupellos werden , - mit Ausnahme der wenigen Momente , wenn er wie ein altes Mütterchen , das noch mal in die Kirche geht , mit dem Bild von Erich Honecker Zwiesprache hielt .
Dass Heller jetzt nach seiner Scheidung Porsche fuhr und auch noch eine Frau hatte , die Vennig nicht hatte haben können , steigerte seinen von Frau Lottemann täglich gesteuerten und forcierten Neid und seine extreme Missgunst .
Er , der am elterlichen Gaben- und Mittagstisch stets zu kurz gekommen war , wollte endlich einmal die große Portion .
Der Satz :
„Will ich auch haben“
war nur für den Porsche, - der ist käuflich - , realisierbar , nicht für die Frau .
Jeden Abend schob Brigitte Lottemann lustvoll die Nadel in die alte Wunde .
Doch er konnte dies zumeist kaschieren .
Disziplin im Rollenspiel hatte er .
Er blieb nach außen höflich , konziliant und charmant ,fast immer ein Schwiegersohntyp aus dem Bilderbuch , dem niemand etwas Böses zutrauen würde .
Charakterperverse Menschen sind meistens perfekt in ihrer Tarnung .
Auf dem gesellschaftlichen Parkett waren SS-Leute stets wahre Kavaliere und im Grunde genial im Rollentausch .
Nachdem die Dominanz über fachliche Leistung nicht zu erreichen war , blieben nur noch zwei Wege , - der Schlüssel im Rücken musste dazu mehrfach umgedreht werden -, Intrigen und Korruption , die größten Übel des Zeitgeistes aus der Büchse der Pandora , um dem grandiosen „Ich“ durch Vernichtung zur Geltung zu verhelfen .
Für Heller blieb die Hoffnung , gemäß Nietzsche das Größte aller Übel, weil sie das Leiden verlängert .
Bettina Koobs , der Heller vielleicht mal in seiner mitunter unglücklichen und verletzenden Direktheit gesagt hatte , dass sie ein Gesicht wie eine Bratpfanne habe , arbeitete bei der „Braunbank“ und mit dem Hinweis , dass braunbankgesteuerte feindliche Übernahmen Alltagsgeschäft seien , stellte sie den Kontakt zu Dr. Frenzig , dem Generalbevollmächtigten und Pendant von „Didi“ Herzog , und somit auch zu Paul Hezard her .
Dr. Frenzig dirigierte , steuerte und blockte , wenn nötig , ab .
Paul Hezard war der verantwortliche Vollstrecker für die Drecksarbeit .
Die Strukturen ähneln sich eben immer wieder .
Mit dem Banker Paul Hezard hatte Heino Vennig sein „alter ego“ getroffen , mit Dr. Frenzig einen kongenialen Dirigenten .
Die Anfangssummen war relativ gering .
50.000 für Hezard , 50.000 für Dr. Frenzig , 10.000 für Bettina Koobs liefen über Frau Lottemann .
Optimale Zins- und vor allem Tilgungskonditionen waren selbstverständlich.
Man fängt eben klein an und entwickelt sich ,
„Anfüttern“ heißt das im Korruptionsmanagement .
Heller bekam von der „Braunbank“ der er auf Grund einer langen vertrauensvollen Zusammenarbeit blind vertraute , 4% Tilgung , Vennig 1% , eben Heller und Vennig ( H + V )
Vennig nahm das Schmiergeld aus den enormen Gewinnen , die Heller gemacht hatte .
Zu der Zeit lag Vennigs Umsatz weit unter dem Gewinn , der ihm durch die 50-prozentige Gewinnverteilung zufiel .
Hätte Heller nicht so erfolgreich gearbeitet , hätte Vennig kein Schmiergeld gehabt , um ihn zu vernichten .
Paul Hezard war ein fleischiger , äußerlich unscheinbarer profilarmer Emporkömmling , der von einer gewerkschaftseigenen Bank kommend , - daher war er als natürlich streng gläubiger Katholik sogar SPD – Mitglied geworden , von dem heimlichen Boss der „Braunbank“ „Didi“ Herzog , dem Intimfreund des Oberbürgermeister von der SPD , abgeworben worden war und somit den Untergang der Gewerkschaftsbank „verpasst“ hatte.
Es war aber sinnvoll in dieser Stadt SPD Mitglied zu bleiben , um besser in die örtlichen mafiösen Netzwerkstrukturen eingebunden zu sein .
Hezard zelebrierte seine neue Macht und genoss sie nach einer Einarbeitungszeit .
Geschwollenen Hauptes spazierte er im Marineanzug ohne Orden nur dekoriert mit seiner Frau , die man auf dem Markt auch als Trockenobst hätte kaum verkaufen können , und dem rosa beschleiften Yorkshireterrier über die örtliche Flaniermeile an den trostlosen Gebäuden vorbei .
„Schaut her . Ich habe es geschafft“ war die Botschaft seiner Körpersprache .
Wenn Kunden um ihre Existenz fürchteten , um einen Kredit oder eine Laufzeitverlängerung bettelten , dann spürte er , wenn er die Ablehnung unterschrieb , die Kraft seiner Lenden in den Händen .
Er war der Kommandant .
Dasselbe Gefühl hatte er , wenn er mit seinem Freund aus dem „Netzwerk“ , Werner Deichmann , einem öligen kleinen Autohändler , der flächendeckenden Hautausschlag bekam , wenn sein Portrait dank des Provinzjournalisten Erich-Jan Zander nicht einmal in der Woche in er Zeitung erschien oder er ein Event verpasst hatte , auf die Jagd ging .
Der Moment , der Finger am Abzug , wenn Hezard über Leben und Tod entscheiden konnte ,
war unersetzlich .
„Die Lust des Jägers beim Fangschuss“
Wie schreibt Sabrina Corgatelli, die berüchtigte Großwildjägerin , als sie eine Giraffe erschoss:
„Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl „
Hezard wurde unersättlich .
Nicht umsonst sind viele persönlichkeitsgestörte Machtmenschen leidenschaftliche
Jäger ,wie Erich Miehlke , Hermann Göring oder der eine oder andere Gewerkschaftsboss , der sich gerne manchmal auch mit exotischen Trophäen, ablichten lässt .
Macht wird auf unterschiedlichen politischen Tickets missbraucht .
Kleine Handwerker waren für Paul Hezard Hasen , die man im Vorbeigehen erschießen kann .
Heller dagegen war für ihn ein Hirsch in seinem Revier , das er eindeutig definierte und zu verteidigen wusste .
Seine Sachbearbeiter waren die Treiber , die ihm das Wild auf die Lichtung trieben .
Manche , wie Ina Sailer, funktionierten anfangs noch nicht und verhalfen ein ums andere Mal einem armen Hasen zur Flucht .
Das erzürnte Hezard und sie mussten zur Schulung oder in den Vorruhestand , wenn dies möglich war wie bei Herrn Köfer .
Wenige gingen aus Gewissensgründen von selbst , wie der Herr Breune , der zu einer Genossenschaftsbank wechselte, dessen Chef allerdings wieder mit dem Generalbevollmächtigten der „Braunbank“ Urlaub machte , in dem die Reviere klar abgesteckt wurden .
Paul Hezard baute sich eine schlagkräftige „Jagdgesellschaft“ zusammen ,die von seiner rechten Hand , Anna Klamroth ,die sich in jeder Hinsicht unter ihm engagiert bewegte , geführt und durch feuchtfröhliche Betriebsfeiern bei Laune gehalten wurde..
Mit dieser Macht versuchte er auch seine katholisch bedingte sexuelle Verklemmtheit zu kompensieren , was bei seiner Ehefrau kaum möglich und auch nicht mit irgendeiner Befriedigungsqualität verbunden gewesen wäre , sondern schon vor Jahren in einem lustlosen , auch unproduktiven Herumgestochere geendet hatte .
Machtmissbrauch und sexuelle Verklemmung können natürlich auch eine Ursache in dieser Missbrauch orientierten katholischen Erziehung haben .
Rudolf Höß , der Lagerkommandant von Ausschwitz , sollte eigentlich Priester werden und Amon Göth , der Schlächter von Plaszow , streng katholisch in einem österreichischem Internat erzogen , erschoss gerne zwischen zwei Geschlechtsakten bei guter Musik ein paar „Kunden“.
Anna Klamroth ließ sich vom ihrem „Kommandanten“ nehmen, nach Gutsherrenart .
kurz und heftig , aber bestimmt , dem Weibe wohlgesinnt (frei nach Klaus Hoffmann)
Nach einem Fangschuss um so lieber , und häufiger.
Ein Fangschuss war wie ein Aphrodisiakum .
Die attraktiven Sachbearbeiterinnen , - so wurde Ina Sailer verschont - , belästigte Hezard unverhohlen unter Ausnutzung seiner Machtposition .
Nathalie und Jennifer liefen dann zu Frau Klamroth , die ihnen sagte .
„Sie sollten sich nicht so anstellen , wenn sie eine gute Beurteilung haben und eine Aussicht auf Karriere behalten wollten , sei das eben mit inbegriffen .“
Kann doch mal vorkommen .
Jessica und Vanessa liefen sogar angeekelt zu Dr. Frenzig und bekamen als Kompensation eine „Persönlichkeitsschulung“ verpasst , aus der sie völlig verändert , aber total glücklich , da neu eingekleidet mit neuer Friseur heimkehrten und so zu vollwertigen , engagierten Mitarbeiterinnen wurde .
Schonzeit für Jessica und Vanessa .
Er brachte sie alle auf seine Spur .
Und wenn Frau Klamroth und Frau Sailer , die nun mittlerweile völlig funktionsfähig so charakterlich umstrukturiert war , dass sie nur noch vorgefertigte Sprechblasen absonderte , einen Kunden in der Endbearbeitung kurz vor der Lichtung hatten , dann kam Hezard unter irgendeinem Vorwand in das Zimmer , um sein Wild vor dem Abschuss zu betrachten .
Vorfreude ist die schönste …….
Wenn früher in der flächendeckend braunen Zeit der Platz für die systemkonformen Charakterperversen die SS war , um durch Missbrauch von Macht das „Grandiose Ich „ zu befriedigen , so ist es heute die Bank .
Eines konnte Hezard jedoch gar nicht leiden .
Wenn Kunden vor ihrem geplanten Abschuss Selbstmord machten .
Die meisten sprangen von einem Hochhaus am Bahnhof , wo man die Laubengänge im 12. Obergeschoss so gut und bequem erreichen konnte .
Das waren richtig üble Spielverderber .