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Der Versuch über fachliche Qualifikation die von Frau Lottemann gewünschte Oberhand im Büro zu gewinnen  , war für Heino Vennig durch den letzten Platz bei dem Wettbewerb für ein Versicherungsgebäude nach fast viermonatiger intensiver Bearbeitung gescheitert .

Der Versuch über bürointerne Intrigen und Bestechlichkeit von großen Baufirmen  in Zusammenarbeit mit dem Bauleiter H.J. Leer ,dem er die spätere Partnerschaft versprochen hatte  , Projekte von Heller zum Scheitern zu bringen , war für ihn auch misslungen und hatte viele externe Opfer gefordert .
Externe Opfer wie den Statiker Kurz oder später Frau Abel mit ihrer Firma nahm Vennig als Kollateralschäden in Kauf , um sein Ziel die Übernahme von Heller und dessen Betriebsvermögen zu erreichen .
Heino Vennig hatte zuvor lange versucht durch Anpassung und Kopie , - selbst in kleinsten Attributen - den fachlichen Status von Heller zu erreichen .
Kaufte sich Heller eine Aktentasche aus Naturleder konnte dieser gewiss sein , am nächsten Tag hatte Vennig die gleiche .
Kaufte sich Heller Skater , hatte Vennig am nächsten Tag auch welche .
Wenn die Fensterfarbe bei Hellers Bau P0 1535 war , war sie beim nächsten Bau von Vennig auch P0 1535 .
Als Heller Vater eines Sohnes wurde , lief Vennig jeden Abend zu seiner Frau Lottemann und sagte zu ihr , die Kinder so abgrundtief  hasste :
„Ich will auch einen Sohn“
Sein Standardsatz war :
„Will ich auch haben „
Als Heller sich im Ausland ein Grundstück kaufte , hatte Vennig wenige Monate später auch eines , leider nicht so schön , was wieder zu  lang anhaltenden Verhöhnungsattacken von Frau Lottemann führte , die mit dem Satz :
„Einmal und nie wieder“
den Ort wieder verließ.
So geschah  es , dass viele Mitleid mit dem geplagten , immer nach Bewunderung heischenden Vennig bekamen .
Armer Heino .
Eine besonders  skurrile Nummer ereignete sich als Heller und Vennig zu einem Geburtsempfang bei einem leitendem Baubeamten eingeladen waren .
Der große Meister aus Hamburg , der u.a. Flughäfen baut , war auch da  und stand von den Reden gelangweilt unweit der Beiden .
Tage später kam Heller abends in die Kneipe , wo Vennig sein Feierabendbier trank.
Heller schaute  und sagte :
“Lieber Heino , meinst Du vielleicht , dass du genauso gut entwerfen kannst , wenn du dir die gleichen Schuhe kaufst wie der große Meister aus Hamburg .“
Vennig trat , - manchmal verlor er eben auch die Beherrschung - , mit den edlen , sündhaft teuren , italienischen Tretern heftig gegen die Wand und zog sie nie wieder an .
Als Heller sich scheidungsbedingt einen Porsche zulegte , sagte er etwas amüsiert zu dem Verkäufer , Herrn Wollweber :
„Jetzt haben sie gerade 2 Porsche verkauft . „
Demnächst kommt hier so ein Herr Vennig und kauft auch einen .“
Es sollte etwas dauern , aber es geschah .
Jahrelang versuchte Vennig den fachlichen  Status von Heller durch Assimilation und Kopieren  zu erreichen , - was man auch „nachäffen“ nennen kann .
Es klappte nicht .
Wenn Assimilation ohne Erfolg bleibt , hilft nur der der Kannibalismus , dem spätkapitalistischen Zeitgeist adäquat .

Vennig hatte bereits in sehr jungen Jahren  den Namen seines Stiefvaters angenommen  , weil sein leiblicher Vater die Gnade des späten Kriegstodes erfahren hatte , wäre er doch sonst als Fahrer eines berüchtigten SS-Obersturmbannführers , für den er nicht selten die Drecksarbeit , wie die aussah weiß man mittlerweile , erledigen musste , an einem gut geölten englischen oder polnischen Strick gelandet .
Sein Chef , der Obersturmbannführer , erledigte diese notwendigen Pflichten nach dem momentanen Lustprinzip nur manchmal selbst , meistens ließ er schießen .
Oft  , wenn z.B. am Wegesrand Häftlinge oder Gefangene liegengeblieben waren , dann sagte er zu Vennigs Vater :
 „Machen Sie das heute mal alleine, aber nur ein Magazin , wir brauchen noch viel Munition bis zum Endsieg“ und lachte scheppernd  ,
Vennigs eigentlicher Vater stieg dann aus und  schoss das Magazin leer .
Er betrachtete das auch als Maßnahme der Humanität ,
Einem angeschossenen Bock gibt man doch auch den Fangschuss .
„Die Lust des Jägers beim Fangschuss „
Denen , für die das Magazin nicht reichte , weil Vennigs eigentlicher Vater äußerst gehorsam war , und die weiter röchelnd am Wegesrand lagen , wünschte er einen schönen Lebensabend , - manche waren unter 18 .
Vennigs eigentlicher Vater , für den der SS-Obersturmbannführer die Kompassnadel und die Naziideologie Lebensgrundlage war , fühlte tiefe Befriedigung  .
Er hatte den Finger am Abzug , hatte über Leben und Tod entscheiden können  ,
„Die Lust des Jägers beim Fangschuss „
Er hatte ja auch leben lassen .
Beides war doch irgendwie human .
Deutsche hatten immer schon Lust ab Selektieren .
Er hatte sein Selbstwertgefühl , sein grandioses „Ich“ gesteigert, durch die Ausübung von Macht verbunden mit der Vernichtung anderer , der maligne Narzissmus war , wenn auch nur kurz , befriedigt .
Besonders befriedigend war es jedoch  , wenn noch Zeit war , um für seinen Chef ein paar Goldzähne herauszubrechen .
Meistens gab der Obersturmbannführer ihm hinterher einen ab .
Das kann man auch Mitarbeitermotivation nennen .
Dafür war Vennigs eigentlicher Vater dann sehr dankbar .
Dieses maligne Narzissmusgen kann , muss aber nicht  ,vererbbar sein  .
Vennigs Stief- und Adoptivvater , ein Sozialdemokrat mit Hang zur exzessiven Kleingärtnermentalität , ließ ihn immer wieder spüren , dass er ihn für ein braunes Kuckucksei hielt , bevorzugte seine leiblichen Kinder  , Marius , Winfried und Helga ,
Beim Essen bekam der kleine Heino immer die letzte und kleinste Portion .
Seine Kleinwüchsigkeit und goebbelsähnliche Statur sind aber nicht darauf zurückzuführen ,
jedoch der Satz :
 „Will ich auch haben „  
wenn seine Geschwister die großen Portionen bekamen .
Kindheitstrauma nennt man das wohl .
Der Fachingenieur Helge Müller fasste das mal in drei Worte zusammen als er Vennig charakterisieren sollte .
„Ich – Ich – Ich „
Die Geschwister dürften Abitur machen und studieren  ,
Heino Vennig musste nach der Hauptschule unter harten Bedingungen  eine Maurerlehre antreten .
Das nagt , fördert sinnvoller Weise den Ehrgeiz , aber möglicher Weise genauso Neid und Missgunst in Verbindung mit dem Anspruch auf das grandiose „ICH“ , dem Narzissmusgen des Erzeugers.
Genetische Disposition und schwere Sozialisation können eine gefährliche Mischung bilden .


Frau Lottemann , genauso intelligent wie durchtrieben und arbeitsscheu  , hatte schnell die Persönlichkeitsstruktur analysiert , öffnete die Büchse der Pandora und in der Atmosphäre des „shareholder Value“ Denkens“ nach der großen Wende explodierte das Gemisch . Der vorherige Weg über DKP und evtl. Stasi war als gescheiterter Versuch eines Ablösungsprozesses vom eigentlichen Vater  nur folgerichtig , genauso wie das spätere extreme Wechselspiel zwischen serviler Ergebenheit und brutaler Machtausübung .
Aus dem total linientreuen Vorstadtkommunisten wurde ein ebenso linientreuer wie skrupelloser Vorstadtkapitalist .
Es blieb die braune Vorstadt und ein Provinzgenie der Anpassung .
Es war die Wiederbelebung des verlorenen Vaters , dem Fahrer des SS- Obersturmbannführers .
Heino Vennig hatte seinen verlorenen Vater, den leidenschaftlichen SS-Mann ,  in sich          wiedergefunden .
Er war „Heim im Reich“
Er hatte sein eigentliches Ich , seine Identität , gefunden .
Jeden Abend musste Vennig bei Brigitte Lottemann , seiner neuen Kompassnadel ,zum Rapport und alle seine Koordinaten durchgeben .
Umfassende Information ist Grundlage für erfolgreiche Manipulation , die man auch als individuelle Förderung deklarieren kann und oft mit dem Satz :
„Ich habe es doch nur gut mit dir gemeint“
kaschiert wird .
Ziel einer perfekten Manipulation ist immer , dass der andere von alleine so handelt wie es von ihm gewünscht wird und sei es um des lieben Friedens willen zur Konfliktvermeidung .
Die Wohnung musste er ausräumen und mit teuersten Designermöbeln nach dem Zeitgeistgeschmack  neu gestalten .
Die Friseur wurde geändert , der Schnäuzer endrasiert und der Inhalt des Kleiderschrankes landete im Altkleidercontainer und er wurde mit italienischen Designerklamotten nach Kriterien der gegenwärtigen Mode uniformiert .
Ein paar Sachen u.a. seine geliebten Turnschuhe und verwaschene Jeans , die er später immer anzog , wenn Frau Lottemann verreist war , konnte Heino Vennig heimlich retten und auf dem Dachboden neben der roten Fahne und dem Foto von Erich Honecker für alle Fälle verstecken .
Dieses war ja auch ein Teil seines Lebens .
Ansonsten ließ er alles mit sich geschehen in der Hoffnung die Liebe von Frau Lottemann , ihre Anerkennung und Bewunderung für sein grandioses „Ich“ zu gewinnen .
Bis heute vergeblich .
Um das „Ich“ für ihre Bewunderung in den Mittelpunkt zu schieben gab er jeden Respekt vor seinem Geschäftspartner auf .
Er verdrängte und negierte , dass er vor dem Eintritt von Heller in das Büro froh war , wenn Frau Müller von nebenan eine Gaube in Auftrag gab ,und erst mit Heller als Partner die Erfolgsstory des Büros über den Erfolg von Wettbewerben begann .
Man nennt das , - bei krankhaften Narzissten üblich - , Geschichtsklitterung .
Es verhielt sich wie in einer Fußballmannschaft , in der der Verteidiger plötzlich im Sturm spielen will und der Stürmer im Tor stehen soll .
Meistens verliert ein Team dann .
Wenn das dann immer noch nicht klappt , bekommt der Stürmer ein paar Scherben in die Stiefel genäht , damit der Verteidiger Torschütze werden kann .
Dann ist das Team aber endgültig zerstört .
Das war Vennig gleichgültig .
Er wollte die auf ihn bezogene Bewunderung .
Heute ist Vennig tatsächlich Torschützenkönig , - leider nur in der Kreisliga , aber auch nur bei den alten Herren .
Heller , der in einer wesentlich höheren Liga zu spielen imstande gewesen wäre , humpelt mit seiner zerschnittenen Achillessehne , in der Hoffnung noch einmal spielen zu können , immer noch an der Seitenlinie herum .
Das Heller noch einmal ins Spiel kommen könnte ist Vennigs größte Befürchtung .
Jetzt hätte er , Vennig , als „Torschützenkönig“ ,- Kreisliga oder Bundesliga ist doch
egal -  , doch Anspruch auf die Bewunderung durch Frau Lottemann.
Er bekommt sie nicht  .