Das hat einen einfachen Grund :
„ Jede Hand wäscht eben die andere“
Heller von Heller und Vennig , kurz „ H +V „ hatte ein Schulgebäude errichtet , das allgemein Anerkennung gefunden hatte und bekam von einer Wohnungsbaugesellschaft den Auftrag , mehrere Wohngebäude und ein Verwaltungsgebäude zu planen .
Der mittlerweile uns bekannte Bauunternehmer Curt Lothar Schieber , - kurz CLS - , der mit dem Cellokasten auch „Kulturloddar“ genannt wurde , hatte natürlich das günstigste Angebot abgegeben .
Alle anderen Angebote lagen knapp über seinem Angebot .
Die Angebote unterschieden sich in ihrer Preisgestaltung nur marginal .
Es roch nicht , es stank nach Preisabsprachen .
So kam Heller auf die Idee , andere Firmen anzufragen , die , weit weg (200 km)
angesiedelt , zu einer unabhängigen Preisfindung in der Lage waren , da sie nicht zur „Provinzmafia“ gehörten .
Siehe da , die Firma „Rathsam“ , gab einen Preis ab , der satte 30% unter dem Angebot von Curt „Loddar“ Schieber lag , obwohl der Betrieb 200 km von der Baustelle entfernt ansässig war und die Wohngebäude nicht besonders groß waren .
Es muss ein schlimmer Tag für Schieber gewesen sein , als dieser morgens auf die Terrasse seines bescheidenen Einfamilienhauses ,- Protz war nie sein Ding gewesen , denn der war nicht imagefördernd -, trat und den Kran der Firma „Rathsam „ entdeckte .
Jetzt musste wenigstens der „Verlust“ des Wohnungsbauauftrages bei dem Verwaltungsgebäude kompensiert werden .
Schieber aktivierte sein Netzwerk und trommelte alle Handwerker dieser beschaulichen norddeutschen Kleinstadt zusammen , die ihm gewogen waren , da er sie oft als Subunternehmer beschäftigte , und die Preise wurden abgestimmt .
Man traf sich in dem sog. „Mondhaus“ vor den Toren der Stadt und entwickelte Mondpreise .
Heller hatte das Bauvorhaben auf 8,0 Mill. geschätzt und die Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Rabe (Kaufmann) und Maus (Architekt) hatten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen .
„Mehr als 6 Mill. bekommen wir beim Aufsichtsrat nicht durch . Sie müssen das runterrechnen.“
Diesen Fehler hätte der naive Heller nicht machen dürfen , denn die Preise von Schieber und seinen Kumpanen lagen bei 10 bis 12 Mill.
Schließlich mussten ja die entgangenen Aufträge bei dem Wohnungsbau , den sie nicht bekommen hatten , da er ein sozialer sein sollte , nach der Devise „Jetzt wird es richtig teuer“ kompensiert werden .
Nun kamen die Firmen für den Verwaltungsbau auch von weit her , der Elektriker aus Cottbus, der Tischler von der Nordseeküste und der Fassadenbauer von der schwäbischen Alb , damit die Kosten auch nur annähernd eingehalten werden konnten , aber die Angebote dieser Firmen waren noch wesentlich günstiger als die von Schieber u.Co
Jetzt war nicht nur Schieber böse , jetzt waren alle Handwerker in dieser beschaulichen norddeutschen Kleinstadt mehr als ärgerlich , da aus Kostengründen kaum einer einen Auftrag erhielt .
In solchen Situationen wird dann zur Erhaltung der Stadthygiene „Stadt der sauberen Hände“ zum Mittel des Psychoterrors gegriffen , in wechselnden Dosierungen , mal subtil , mal brachial .
Heller wurde von dem Aufsichtsrat in die Mangel genommen , belegte die Preisabsprachen ,
was den Oberbürgermeister dieser beschaulichen Kleinstadt , einen Sozialdemokrat mit dem sinnigen Namen Dummert , der irgendwann einmal Pädagogik studiert hatte , zu der Bemerkung und den Vorwurf veranlasste :
„ Es ist ihr Fehler ,sie hätten eben bei ihrer Kostenschätzung die Preisabsprachen miteinkalkulieren müssen .“
Rechtswidriges Verhalten sollte also politisch legitimiert werden . .
So wird das nie etwas mit den Sozialdemokraten .
Abends , wenn die Geschäftsführer Rabe und Maus nach Hause kamen , waren ihre Frauen grantig .
Sie wurden nicht mehr zu den üblichen Kaffeekränzchen eingeladen , fühlten sich mehr als sozial isoliert .
Die Frau von Maus soll sogar geweint haben .
Beim obligatorischen Handwerkerfasching saßen die Geschäftsführer Rabe und Maus stundenlang allein am Tisch und der Elektriker Schröter aschte im Suff in das Bierglas von Rabe .
Der war bedient und knickte ein .
Die Fa. Rathsam musste auf Anordnung von Rabe und Maus bei dem Wohnungsbau für überhöhte Scheinnachträge Subunternehmer aus der beschaulichen Kleinstadt zu überhöhten Preisen beauftragen .
Es sollte endlich Frieden einkehren , - denn Friede ist ein hohes Gut .
Da hatte Maus einen genialen Einfall . Die Gesellschaft besaß ja noch an der Theresienstr. neben dem Fluss , der durch diese beschauliche norddeutsche Kleinstadt floss , ein Baugrundstück , ein richtiges Filetstück .
Darauf könnte man Luxuswohnungen bauen und teuer verkaufen .
Tolle Lage .
Rabe und Maus schwelgten bereits in Gewinnerwartungen .
Nur das mittlerweile „rote Tuch“ Heller konnte man wegen seiner schmutzigen Hände nicht beauftragen .
Es musste jemand sein , der gut vernetzt war .
Hansi Biehr , Cabrio fahrender liberaler Ratsherr und somit gut vernetzter Architekt ,
der sich gerne rühmte mit den Größen der deutschen Architektur zusammen studiert zu haben und daraus ein gesteigertes Selbstwertgefühl bezog , bekam den Auftrag .
Er entwarf , der Tradition der 70er Jahre verhaftet , ein schickes Terrassenhaus .
Es sollte ja sein Meisterwerk werden , in der Form von zwei gespreizten Schenkeln
und dazwischen sinnig eine repräsentative opulente Eingangshalle , - fast erotisch .
Jede Wohnung hatte so fast vier Außenwände , was die Energielieferungen der notleidenden Stadtwerke erheblich erhöhte .
Diese Energieoptimierung konnte natürlich durch die großen Terrassenflächen gesteigert werden .
Besonders kreativ entwickelt waren die Wohnungen .
Die Terrassenflächen entstanden dadurch , dass die Wohnzimmer nach oben immer kleiner wurden .
So verblieb im obersten Geschoß ein Wohnraum von 15 m² , der eben eine gewisse Lebenskreativität vom Bewohner verlangte (less is more).
Ein U.-Bootkommandant , der sich dort vielleicht heimisch gefühlt hätte , war aber als Käufer nicht zu finden .
Entscheidend war jedoch , dass alle Firmen wie Schieber und Co. , die vorher nicht zum Zuge gekommen waren , sich jetzt mit ihren Mondpreisen schadlos halten konnten .
Es war wieder Friede in der Stadt .
Alle Hände waren wieder sauber und die Frauen von Rabe und Maus waren bei den Kaffeekränzchen wieder gern gesehen .
Pech nur , dass kein Mensch die Wohnungen kaufen wollten .
Im Erdgeschoss mit den großen Wohnzimmern war zu wenig Licht und oben einfach kein U-Bootfahrer zu finden .
Wegen des Hochwassers gab es auch keinen Keller und so wäre wohl das Wohnzimmer zum Abstellraum mutiert .
Zu allem Überfluss hatte Hansi Biehr nach der Devise „Treppensteigen hält jung“ auch noch vergessen , einen Aufzug für die Luxuswohnungen einzuplanen , so dass zwischen den weit gespreizten Schenkeln , wo eigentlich , auch zur Reduzierung von Energieverlusten , noch Wohnungen hätten gebaut werden können , nunmehr ein phallusartiger Betonturm den Bau an seiner Sonnenseite hocherotisch verzierte .
Mit Aufzug ließen sich die Wohnungen auch nicht gewinnbringend verkaufen .
Aus dem Filetstück war Gammelfleisch geworden .
So wurde die Baugesellschaft bald notleidend , konnte keine Sozialwohnungen mehr bauen
und musste viele Wohnungen aus dem Altbestand an ausländische Investoren mit Renditemaximierungsinteressen verkaufen .
Das machte die Mieter nicht unbedingt glücklicher , aber Deutschland etwas „reicher“ .
Es war aber wieder Frieden in der Stadt und alle Hände waren wieder sauber .
Frieden ist ein hohes Gut und dies muss einem schon etwas wert sein .