Stadtzentrum Kelkheim/Taunus (1. Preis)

Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Entfaltung der Persönlichkeit.
(Mark Twain)

 
 
presse
Wettbewerb in
1982
Mitarbeiter
G. Jensen, J. Holdenrieder

 
 
 
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Die Stadt Kelkheim schrieb 1981 einen Wettbewerb für die städtebauliche Planung der neuen Stadtmitte aus. Kelkheim entstand durch den politischen Zusammenschluß mehrerer Gemeinden, ist somit als Stadt insgesamt ein künstliches Gebilde. Ein Zentrum fehlte gänzlich. Allerdings verfügte die Stadt mit der Frankfurter Straße über eine langgestreckte, viel befahrene Einkaufsstraße ohne atmosphärische Qualitäten.

Vorgeschlagen und mit dem 1. Preis prämiert wurde eine Lösung, die ein lineares Zentrum vorsah, das parallel zur Frankfurter Straße entwickelt und vielfältig mit dieser verflochten wurde. Dieses Zentrum bestand aus einer spannungsvollen Abfolge verschiedener Platzbereiche unterschiedlicher Form, Qualität und Größe: einerseits ein zentraler Marktplatz (60 x 40 m), darauffolgend ein Dreiecksplatz und als Abschluß ein ovaler Platz mit Hotel und Stadthalle.

Die vorgeschlagene Lösung basierte auf einem einheitlichen Haustyp (7,5-m-Modul), der, durch Fugen getrennt, beliebig variierbar war und auf der Basis eines grundsätzlichen Formenkanons vielfältig - unter vorherrschender Verwendung der Materialien Putz und Naturstein - gestaltet werden sollte.

In die Auslobung hatte die Stadt Kelkheim die zentralen städtebaulichen Probleme der nächsten 20 Jahre gelegt (Hotel, Stadthalle, Gemeindezentrum, Polizeidienstgebäude etc.). Die Durcharbeitung erfolgte bis zum Maßstab 1 : 200 (Grundrisse und Ansichten) und hatte somit den Charakter eines Realisierungswettbewerbes.

Die Problematik bei städtebaulichen Ideenwettbewerben liegt in der hochbaulichen Realisierung. Wenn ein derartiger Leistungsumfang in einem Ideenwettbewerb verlangt wird, handelt es sich nicht mehr nur um reine Stadtplanung, sondern auch um hochbauliche Stadtgestaltung in der dritten Dimension. Zudem ließ sich die Gemeinde von einem hochkarätigen Gremium beraten, um zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen.

Die hochbauliche Umsetzung sollte jedoch dann ohne fachliche Beratung - nur unter Einschaltung ortsansässiger Architekten - nach den gestalterischen Vorstellungen der örtlichen kommunalen Verwaltungsspitze erfolgen. Die städtebauliche Grundsatzplanung wurde zwar in ihrer grundrißlichen Konfiguration umgesetzt, jedoch im Aufriß wurde eine mittelalterliche Kulissenarchitektur geschaffen, die eine Stadtgeschichte suggerieren sollte, die es nicht gab. Dem Vorschlag, daß ein Stadtzentrum, das vom Bürger angenommen wird, auch mit zeitgemäßen Mitteln zu schaffen sei, wurde nicht gefolgt; vielmehr flüchtete man sich in gestalterische Putzigkeit, bestehend aus "Gaubensalat", undisziplinierter Materialvielfalt, bis hin zu naturalistisch-folkloristischen Wandbemalungen.

Stadt und Architekten trennten sich im tiefsten Unfrieden.